7. September 2015 · 22:34
(Teil 1 des Finnlandurlaubs-Berichts, Teil 2 ist hier.)
Was könnte man in der ersten Arbeitswoche nach dem Urlaub (bitte hier Würgegeräusch, untermalt von leisem Schluchzen, einfügen) Besseres tun, als über den Urlaub zu bloggen? Nichts, natürlich. Wer mir auf Twitter folgt, hat ja schon diverse Bilder gesehen und ein paar Kurzkommentare gelesen, aber ich dachte, ich schreib nochmal etwas ausführlicher über Finnland und was man da so tun kann und was da toll ist und was nicht. Und so. Weil ihr ja sicher auch bald alle nach Finnland fahren wollt. Wenn ihr die Bilder gesehen habt.
Es ist nämlich wirklich sehr schön dort. Damit das hier nicht wieder ein ewig langer Eintrag wird, schreib ich heute erstmal was zu Lappland und der südlichere Teil kommt dann später.
Also! Lappland! Der finnische Teil davon – das Gebiet erstreckt sich ja über mehrere Länder – ist so ganz grob gesagt das nördliche Drittel des Landes. Die größte Stadt des Gebiets ist Rovaniemi, die ziemlich genau am Polarkreis liegt. Die hat auch einen Flughafen und dort haben wir auch unsere Reise angefangen. Man kann auch theoretisch direkt nach Ivalo, also noch 300 km weiter nach Norden, fliegen, aber da haben wir keinen Flug gefunden. Unser Flug ging über Helsinki, wo wir sportliche 35 Minuten zum Umsteigen hatten – ein kleiner Sprint zwischen den Gates war da durchaus nötig. Wir haben den Flieger dann geschafft – nicht so unser Gepäck. Daher gings in Lappland dann erstmal mit viel Stress und Nerv los, wobei die Mitarbeiter des Flughafens sehr nett und hilfsbereit waren und das Problem wohl schon kannten. Tatsächlich kam unser Gepäck dann auch mit dem nächsten Flieger nach Helsinki – und meine Güte, hab ich mich über meine eigenen Sachen gefreut!
Natur, Natur, Natur
Der erste Eindruck von Lappland war, wie unglaublich gut es da riecht. Selbst am Flughafen kam einem sofort der Geruch von Wald, Pilzen, nasser Erde und Natur in die Nase. Und das blieb auch die ganze Zeit so, ich hab ständig herumgestanden und geschnuppert *g*. Was auch spannend ist, ist, wie sehr man doch merkt, dass man sehr weit nördlich ist. Der Himmel hat zum Beispiel einen ganz anderen Blauton, vor allem am Horizont. Das ist so ein ganz helles, pastelliges Blau, was man hier nur manchmal bei Sonnenuntergängen mit drinhat. Außerdem war es tatsächlich 2 Stunden länger hell als in Deutschland und wenn die Sonne um 20:30 Uhr unterging, war es dann immer noch bis ca. 23 Uhr ein bisschen hell. Hätte vorher nicht gedacht, dass man das so sehr merkt, es war aber sehr cool. Temperaturmäßig war es trotz der nördlichen Breiten doch sehr gemäßigt, es waren am Anfang so ca. 10 Grad, in den späteren Tagen dann eher 15. Am ersten Tag hatten wir Regen, danach aber sehr viel Glück mit dem Wetter. Im Sonnenschein sieht der lappländische Herbst, Ruska genannt, besonders schön aus – alles gelb und rot eingefärbt, mit viel Wasser dazwischen.
Nature Trail-Wanderung
Die Natur ist auch ganz klar das Tollste an Lappland, wobei wir jetzt gar nicht alles ausgeschöpft haben, was man da machen kann. Wenn Schnee liegt, kann man Abfahrtsski oder Langlauf betreiben, oder eine Huskyschlittentour, auch zum Schlittschuhlaufen dürften die vielen Seen und Flüsse gut geeignet sein. In den etwas touristischeren Ecken gibt es auch ausgeschilderte Wander- und Mountainbikewege in unterschiedlicher Länge. Wir haben eine sehr kleine Wanderung von 2,5 km auf einem „nature trail“, also einem recht waldigen Waldweg, gemacht, das war super. Theoretisch, wenn man nicht wie ich der unfitteste Mensch der Welt ist, kann man sogar einen richtigen Wanderurlaub da machen, inzwischen gibt es so Angebote, bei denen man einen langen Rundweg wandert und jede Nacht in einer anderen Hütte unterkommt. Sicherlich auch sehr fein, wenn man denn wanderfit ist. Achja, Boot fahren kann man natürlich auch – Kanu, Ruderboot, sogar Wildwasserrafting wird angeboten. Wobei man darauf achten sollte, dass der Sommer in Finnland so generell vom 01.06. – 30.08. dauert und danach sind viele Dinge nur noch reduziert oder gar nicht möglich. Die Wintersportsachen gehen logischerweise nur, wenn Schnee liegt, ist klar. Das ist wohl in etwa von November bis März der Fall, wie uns eine nette Finnin erklärte – ihrer Meinung nach sei es im März am schönsten, weil da immer noch dick Schnee liegt, es aber nicht mehr ganz so garstig und kalt ist.
Definitiv zur Natur gehören natürlich auch die vielen Tiere, die man so zu sehen bekommt. Einen Elch haben wir zum Glück nur ausgestopft im Museum gesehen – ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn uns so ein Riesenviech vor unseren doch eher blechdosigen Nissan Micra gerannt wäre. Rentiere hingegen haben wir massenweise zu Gesicht bekommen, das war schon irgendwie skurril, weil man hierzulande ja so gut wie nie mal Tiere auf der Straße sieht. Oder, um mich selbst zu zitieren
Zum Glück ist mir auch ein Rentier nicht zu nahe vors Auto gekommen, manchmal waren die verdammt schwer zu sehen und tauchten sehr plötzlich am Straßenrand auf. Allerdings sind sie dabei recht gemächlich drauf und springen nicht auf einmal wild aus dem Gebüsch, sondern trotten meist ganz langsam neben der Straße her. Dass man wirklich SO viele Rentiere einfach unterwegs sehen kann, hätte ich nie gedacht. Aber wir haben jeden Tag in Lappland mindestens 4-5 x Rentiere gesehen, das war schon echt toll, zumal sie wirklich sehr niedlich sind.
Außerdem haben wir ja noch den Wild Spirit Park bei Ivalo besucht, das war auch super. Die haben da ganze 35 Huskys, mit denen sie im Winter Schlittentouren anbieten. Das ging jetzt logischerweise nicht, man kann den Park aber gegen Eintritt auch einfach so besuchen und wird dann von der sehr netten Besitzerin herumgeführt und kann die Hunde und anderen Tiere bewundern. Sie hatten da z. B. mehrere Polarfüchse, zum Teil erst 4 Monate alt (sooo niedlich!), einen normalen Rotfuchs, Marderhunde, etc. – fast alle der Tiere stammen von Pelzfarmen, die (zum Glück) geschlossen wurden und haben da jetzt ein neues Zuhause gefunden. Wildschweine gab es auch und man konnte sie sogar füttern. Die Huskys selber waren auch total lieb und sehr begeistert über den Besuch.
Zu den spektakulärsten Naturereignissen gehören natürlich die Nordlichter. Besonders gut zu sehen sollen sie im September, Dezember und März sein. Inzwischen gibt es diverse Apps, über die man auf dem Smartphone schauen kann, wie stark die Nordlichter sind und wie die Prognose für die nächsten Stunden und Tage ist. Natürlich nützt das alles nix, wenn es bewölkt ist, so dass wir in der ersten Nacht im Norden zwar sehr starke Nordlichter hatten, diese aber nicht sehen konnten. Ich habe total wenig geschlafen, weil ich völlig obsessiv die Nordlicht-App und die Wettervorhersage verfolgt und mit auf unmögliche Zeiten Wecker gestellt habe … letztendlich klarte der Himmel aber nicht auf. Auch am zweiten Abend nicht, aber dann, ich hatte es schon fast aufgegeben, hatten wir am dritten Abend erst einen wunderschönen Sonnenuntergang und konnten dann gegen Mitternacht schon vom Hotelzimmer aus erste Lichter sehen. Dann sind wir ins Auto gesprungen und aus der zu hell beleuchteten Stadt rausgefahren. Auf irgendeinem Feldweg haben wir dann angehalten und etwa eine Stunde lang den Himmel beobachtet. Allein die Sterne waren schon wirklich spektakulär hell, dazu kamen dann die Nordlichter, die tatsächlich gar nicht grün waren, sondern eher weiß mit leichtem Lila-Stich. Und da wir in der Nähe der Husky-Farm waren, hatten wir dazu noch die Geräusche von heulenden Huskys, die den Himmel anjaulten. Nordlichter sind jedenfalls ein wirklich spektakulärer Anblick und ich kann gut verstehen, wieso sich in den Kulturen, die sie öfter sehen können, so viele Geschichten darum ranken. Spätestens damit hatte sich der Ausblick in den hohen Norden auch auf jeden Fall gelohnt. Achja: Man kann mit einer mittelmäßigen Handykamera übrigens keine Fotos von Nordlichtern machen, deswegen gibts auch keine.
Dafür aber den Sonnenuntergang:
Städte und Museen
Ausblick aus dem Arktikum
Rovaniemi selber ist mit 60.000 Einwohnern die weitaus größte Stadt der ganzen Gegend, allerdings nicht besonders schön oder zu ausgedehnten Besuchen einladend. Im Winter gibt es da Wintersport und jede Menge kitschige Weihnachtsmannaction, wenn man auf sowas steht. Ansonsten ist es eine eher hässliche Kleinstadt. Sehr sehenswert allerdings ist das Arktikum, eine Mischung aus Museum und Forschungszentrum und Mitglied der University of the Arctic (ein Zusammenschluss diverser Universitäten und Institute). Dort gibt es mehrere Ausstellungen, sowohl zur Arktis als auch zu Lappland und dessen Einwohnern. Als wir dort waren, gab es außerdem gerade eine temporäre Ausstellung über die Deutschen in Lappland in den Jahren 1940-1944. Das war sehr interessant, zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vorher keine Ahnung hatte, dass dort überhaupt Soldaten stationiert waren. Aber auch die dauerhaften Ausstellungen sind sehr gut gemacht und interessant, mit vielen Dingen zum selber ausprobieren und rumprobieren und angucken. Der Eintritt von 12 Euro pro Nase lohnt sich auf jeden Fall, wenn man sich annähernd für die Thematik interessiert. Übrigens gab es dort auch ein paar Geschichten um die Nordlichter und was die Legenden verschiedener Kulturen in ihnen sehen. Mein Liebling: Es sind die Toten, die im Himmel mit dem Schädel eines Walrosses Fußball spielen. 😀
Von Rovaniemi aus ging es dann weiter nach Norden, nämlich nach Ivalo. Das liegt so ca. 300 km nördlich des Polarkreises und ist einer der größten Orte da – mit 3000 Einwohnern *g*. Es gibt da mehrere Hotels und Campingmöglichkeiten sowie einige wenige Restaurants, ansonsten einen großen Supermarkt und mehrere Tankstellen. Sonst ist da wirklich nicht viel. Relativ in der Nähe ist dann noch Inari, ein weiterer kleiner Ort, in dem wir das Sami-Museum Siida besucht haben. Auch da war es sehr interessant, auch wenn man über die Lebensweise der Sami eigentlich alles weiß, wenn man bei DSA mal die Nivesenkultur durchgelesen hat (will sagen: Da hat man wirklich sehr gründlich geklaut *g*). Und wo wir gerade von Museen reden: Das Goldmuseum in Tankavaara (ca. 60 km südlich von Ivalo) haben wir auch noch besucht. In Lappland gab es nämlich, was ich auch nicht wusste, diverse Goldrausche … räusche … na, ihr wisst schon. Was ich ebenfalls nicht wusste, ist, dass es Weltmeisterschaften im Goldwaschen gibt. Ist aber so. Das Museum ist nicht besonders riesig, aber durchaus interessant – vor allem die Geschichten über berühmte Goldwäscher, die teilweise so skurril sind, dass man eigentlich gleich drei Romane über goldwaschende Lappländer schreiben will. Rein theoretisch hätte man sich auch selbst am Goldwaschen versuchen können, allerdings war das Wetter an dem Tag zu schlecht.
Sehr viel mehr, und darüber muss man sich klar sein, gibt es dann auch an Ortschaften und Sehenswürdigkeiten nicht. Ein paar Holzkirchen, ein paar noch kleinere Museen, das wars. Wer also eher auf Städte und Kulturelles steht und nicht auf Natur, muss jetzt nicht unbedingt nach Lappland fahren.
Schlafen, Essen, Fahren
Damit das ganze hier noch etwas Service bereithält und nicht nur Reisebericht wird, gibt es jetzt noch ein bisschen was Praktisches.
Schnellstraße
Also, Fahren in Finnland: Man sollte glaub ich auf jeden Fall einen Mietwagen nehmen, wenn man in Lappland von hier nach da kommen will. Autofahren ist zwar ein wenig nervig, weil die einzige Schnellstraße nur einspurig ist und man unter Umständen auch mal 20 Minuten hinter einem langsam fahrenden Holzlaster hängt, aber dafür fährt man die ganze Zeit durch schöne Natur. Fahren darf man außerorts meist 100 oder 80, de facto allerdings oft noch ein wenig langsamer, weil man dann doch nur 60 fahren darf, an einer Baustelle warten muss, hinter nem Trecker hängt oder für Rentiere bremsen muss. Falls ihr mit Google Maps navigiert: Auf die angegebene Zeit für eine Strecke ruhig ne halbe Stunde draufrechnen. Apropos navigieren: Wieder habe ich vorsichthalber einen Straßenatlas gekauft, wieder haben wir ihn nicht gebraucht. Lappland hat mehr oder minder durchgehend LTE-Abdeckung und man kann problemlos mit Smartphone-Navi fahren. Abseits der Schnellstraße gibt es auch noch kleinere Straßen, die sind dann aber auch gerne mal mehr so schlammig-schotterig. Fahren kann man aber auch darauf.
Nicht-die-Schnellstraße
Unterkünfte: Wir waren eine Nacht in Rovaniemi, und zwar im Chalet Hotel Rovaniemi. Obwohl das Ding Hotel heißt, hat man da kein Hotelzimmer, sondern ein kleines Apartmentdings in so Holz-Ferienhäuschen. Wie unser eigentliches Zimmer ausgesehen hätte, weiß ich nicht, da wir netterweise kostenlos auf ein besseres Häuschen upgegradet wurden. (Was ist das denn für ein Wort? Naja.) Frühstück gabs im Haupthaus, wo man auch hätte Abendessen kriegen können. Das Frühstück war gut, die Hütte auch. Gutes Ding. Hinweis: Wenn man direkt über die Homepage bucht, gibts ein wenig Rabatt.
In Ivalo waren wir im Hotel Kultahippu. Auch da kann ich nicht sagen, wie ein Standard-Zimmer da so ist, weil wir da eine Junior Suite hatten (der Herr Mitbewohner bestand darauf *g*). Die hatte gute Betten, dazu zwei bequeme Lesesessel und einen Kamin, der sehr aussah, als könne man ihn benutzen, was man aber nicht durfte, weil er angeblich keinen Abzug hatte. Naja. War auch nicht so schlimm. Das Hotel hat ein nicht ganz günstiges, aber sehr gutes Restaurant mit finnischer Küche, wo wir zweimal sehr gut gegessen haben. Kostenloses und gut funktionierendes Wifi scheint in finnischen Hotels auch Standard zu sein, da gab es nie Probleme (außer in Helsinki, aber dazu komme ich noch).
Sie waren überall!
Achja, zum Essen: In Rovaniemi waren wir abends in so einem Burgerdings, da haben wir durchaus gut gegessen (die Chicken Wings waren super). In Ivalo waren wir an einem Abend dann auch in so einem Burger-Pizza-Laden, der war auch okay. Insgesamt gibt es in Lappland keine gigantische Auswahl an Restaurants – logisch, wohnen ja nicht so schrecklich viele Leute da. Die meisten Restaurants sind dann zum Abendessen eher etwas teurer, wobei die Burgerläden schon okay, waren – ein großer Burger mit Pommes kostet da so um die 15 Euro. Für eher gehobene Küche ist man dann mit Getränken, Vor- und Hauptspeise gerne mal bei 70-100 Euro, je nach Gericht. Als Alternative bieten quasi alle finnischen Restaurants ein sehr günstiges Lunch Buffet an, wo man für 10 bis 15 Euro so viel essen und trinken kann wie man möchte. Das kam unserer Tagesplanung in Lappland eher weniger entgegen, so dass wir das nie genutzt haben, aber so kann man auch sehr viel günstiger wegkommen. Alkohol ist wie überall in Skandinavien eher teuer, Softdrinks sind recht günstig. Und: Man bekommt überall in Finnland zu jedem Essen so viel stilles Wasser, wie man trinken möchte (das begeistert mich immer noch sehr).
So. Uff. Das war jetzt glaub ich alles, was mir zu Lappland gerade einfällt. Es wird noch einen zweiten Teil zum südlichen Teil von Finnland geben.