#RPGaday2015: Auf welches erscheinende Rollenspiel ich mich (nicht) freue.

Es gibt für den Monat August 2015 mal wieder eine Blogparade zum Thema Rollenspiel und nachdem ich drauf hingewiesen wurde, dass man da ja mitmachen könnte, will ich das nun tun. Vermutlich werde ich aber eher mehrere Fragen in einem Beitrag beantworten, weil mir zu den meisten davon nicht gerade Dinge in Blogeintrag-Länge einfallen.

So wäre auch die Antwort zur heutigen Frage eigentlich kurz gewesen. Eigentlich.

Die lautet nämlich:

Forthcoming game I’m looking forward to?

Die Antwort darauf lautet: Auf die deutsche Version von Numenera, weil ich das Setting sehr cool finde und gespannt drauf bin, mir das mal genauer anzuschauen. Und auf den Eis & Dampf-Settingband für Fate, weil ich Steampunk mag und weils von Judith und Christian Vogt ist, die ich auch mag. Soweit, so einfach.

Und auf welches nicht …?

Allerdings wurde auf Twitter heute vermutet, dass ich mich ja sicherlich vor allem auf DSA5 freue. Nachdem mein „Um Gottes Willen, NEIN“ auf Verwunderung stieß, blogge ich nun also dazu, wieso ich mich nicht auf DSA freue. Hurra!

Tatsächlich ist die Antwort nun gar nicht so weltbewegend und hat auch nix damit zu tun, dass ich mich nun von Aventurien, Myranor und DSA abwenden wollen würde. Im Gegenteil. Ich werde weiter DSA spielen und ich werde weiter DSA4.1 spielen. Die neue Edition werde ich mir vermutlich auch ein wenig anschauen, um für Nandurion einigermaßen auf dem laufenden Stand zu sein. Spielen will ich damit aber ganz sicher nicht.

So, jetzt kommt der Satz, bei dem sich alle DSA-Hater gramerfüllt über die Tastatur krümmen: Ich mag DSA4.1. Ich mag die drölfzig Möglichkeiten, mir meinen Charakter zusammenzubauen, ich find es toll, dass ich hunderte von Abenteuerpunkten in Talente wie Bergbau, Kartographie und Bogenbau stecken kann, wenn ich das möchte. Ich mag die vielen Kampfsonderfertigkeiten, die Tatsache, dass man bestimmte Charaktertypen auch im High-End-Bereich immer noch verbessern und spezialisieren kann und die vielen Möglichkeiten, die Entwicklung des Charakters durch Steigerung nachzubilden. Ich finde Spaltenverschiebungen, um Begabungen/Unfähigkeiten oder besondere Erfahrungen abzubilden, super. Es ist mir völlig wumpe, ob ein Söldner im Vergleich zum Krieger irgendwie benachteiligt ist, weil er keine akademische Ausbildung hat. Es ist mir auch völlig egal, ob Gildenmagier im Vergleich zu Hexen zu sehr vom Regelwerk bevorzugt werden. DSA4.1 ist für mich kein perfektes Regelsystem, aber eins, mit dem ich gut klarkomme und dass ich inzwischen so lange spiele, dass ich auch die meisten Regeln im Schlaf kenne. Und vor allem eins, dass so gut wie eben möglich mit der Hintergrundwelt verzahnt ist.
Ja, mit einer Runde Rollenspielneulinge würde ich tendenziell auch eher was anderes zum Einstieg wählen, aber ich spiele ja nicht mit Neulingen, ich spiele seit über 10 Jahren mit einer Runde, die so gut wie jede Woche spielt und in der der ganze Regelwust einfach nicht schlimm ist, weil sich jeder gut genug auskennt. Insofern kann ich auch die ganzen Aussagen wie „nach DSA4 ist steigern so kompliziert, dass ich seit 2 Jahren nicht gesteigert habe“ nur sehr abstrakt nachvollziehen, wenn man gut im System drin ist, macht das überhaupt keine Schwierigkeiten. Niemand aus meiner Runde verwendet auch nur irgendeine Software zum SC generieren und steigern. Geht alles. Und ja, ich kenne inzwischen auch diverse viel regelleichtere Systeme – die haben auch ihre Vorteile, ich würde sie aber nicht nutzen wollen, um damit Aventurien/Myranor zu bespielen.

Fassen wir zusammen: Auch wenn ich auf einer abstrakten Ebene nachvollziehen kann, dass DSA4 nicht gerade das perfekte Regelsystem ist, komme ich für mich, in meiner Runde, damit super zurecht und spiele DSA4.1 sehr gerne.

Von daher war meine Reaktion auf die Ankündigung von DSA5 auch kein „Hurra“, sondern eher ein „Och neeee.“ Lieber wäre es mir gewesen, wenn so einige Baustellen im DSA4-Regelwerk nochmal angegangen worden wären, oder man die Energie in viele Abenteuer und der Fortschreibung des Metaplots, der an einigen Stellen schon lange brachliegt, gesteckt hätte.

Als dann die ersten Details zur neuen Edition bekannt wurden, war eigentlich sehr schnell klar, dass das das Gegenteil von dem wird, was ich an DSA mag. Vereinfachung hier, Streichung da, bloß nicht zu kompliziert, bloß möglichst viel entsorgen. Dass ich das als jemand, der DSA4 wegen seines Detailreichtums mag, doof finde, liegt auf der Hand. Ein Beispiel: Dass man fürs Steigern nach der DSA4-Steigerungskostentabelle tendenziell einen Taschenrechner parat haben sollte, ist für mich total okay, weil das Steigern im Vergleich zum Spiel einen so verschwindend geringen Zeitanteil einnimmt, dass ich das zugunsten der vielen Möglichkeiten, meinen Charakter auszugestalten, gerne in Kauf nehme.  Selbiges gilt für die Generierung. Die dauert nach DSA4.1 vielleicht 2 oder 3 Stunden, aber was ist das im Vergleich zu den Jahren, die man den SC dann spielen kann? Bei DSA5 vereinfacht man Generierung und Steigerung zwar radikal, nimmt dafür aber sehr viele Möglichkeiten raus, den SC zu individualisieren. Für mich ist das kein guter Tausch.

Dass dann auch noch Hintergrundsetzungen zugunsten des Regelwerks über den Haufen geworfen wurden, z. B. bei den Geweihten, die jetzt alle viel mehr Karma regenieren und auch bei Beginn sehr viel mehr Karmpapunkte haben können, nervte mich zusätzlich. Dann kam die Beta-Version, die meinen eher negativen Eindruck voll bestätigte. (Wen es interessiert: Der Beta-Test-Bericht bei Nandurion findet sich hier.) Ohne diese jetzt nach irgendwelchen objektiven Kriterien bewerten zu wollen: Das ist einfach nicht mein Ding gewesen. Und es zeichnet sich ab, dass die fertige DSA5-Edition von der Beta nicht so stark abweicht, dass DSA5 für mich wieder interessant würde.

DSA4 zeichnet sich für mich dadurch aus, dass es versucht, möglichst gut den Hintergrund in Regeln umzusetzen. Davon weicht DSA5 zugunsten einfacherer Regeln ab. Das ist ein nachvollziehbarer Schritt, allerdings spricht mich dieses Vorgehen nicht an. Dass nun beispielsweise alle menschlichen Rassen, vom kleinen, aber flinken Moha über den normalen Mittelländer bis zum 2,5 Meter großen Trollzacker die selbe Spanne an körperlichen Attributen haben, finde ich einfach blöde. Klar, damit verhindert man, dass Spieler bestimmte Rassen nur wegen der Boni auf Eigenschaften wählen und eine hanebüchene Hintergrundgeschichte erfinden, die das rechtfertigt. Der Punkt ist bloß: Mit Leuten, die auf das Ausloten von solchen Regelmechanismen zu ihrem eigenem Vorteil aus sind, würde mir das Spiel sowieso keinen Spaß machen, egal nach welcher Regeledition. Und in meiner Gruppe macht halt keiner sowas.

Dazu kommt dann noch die bisher angedeutete Publikationsstrategie der Zukunft: Viele kurze Ready-to-play-Abenteuer, diverse Ausrüstungsheftchen, Kampagnen nicht in einem Band, sondern in 6 Teilen, die Möglichkeit, in jedem Regionalband, Ausrüstungsheft oder Abenteuer neue Regeln einzuführen … das alles ist einfach nicht, wie der Brite sagt, meine Tasse Tee.

Nun ist das alles auch gar nicht mal so tragisch: Meine Runde ist sich schon lange einig, dass wir bei DSA4.1 bleiben, so manche störende Regelstelle können wir nun beruhigt hausregeln, weil eh keine offizielle Überarbeitung dazu mehr kommen wird, vielleicht gibt es sogar einzelne Regelmechanismen aus DSA5, die wir für uns übernehmen können. Ungespielte Abenteuer stehen hier so viele im Regal, dass wir vermutlich locker noch 10-15 Jahre jeden Samstag spielen können, bevor sie uns ausgehen. Insofern bin ich gar nicht darauf angewiesen, jetzt jedes neue DSA-Produkt zu kaufen.

Ob die fünfte Edition jetzt etwas für die Leute ist, die DSA ab der dritten Regeledition viel zu kompliziert fanden und es sehr viel einfacher wollen, oder ob es dafür dann doch ein noch mehr verschlanktes DSA-Klassik oder dergleichen braucht, wird sich wohl in den nächsten Jahren herausstellen. Allerdings befüchte ich, dass auch in DSA5 immer noch so viel DSA drinsteckt, dass es für diejenigen, die am liebsten mit sehr einfachen Regeln spielen, immer noch zu komplex ist. Das DSA5-Grundregelwerk, das nächste Woche erscheint, werde ich dann sozusagen aus akademischer Neugier heraus lesen und meine Meinung dazu sicherlich in naher Zukunft kundtun – aber eher auf Nandurion als in diesem Blog.

Tl;dr: Ich bin eine dieser Bekloppten, die das DSA4-Regelwerk super findet und habe keinen Bedarf an einem vereinfachten DSA5-System mit weniger komplexen Regeln.

6 Kommentare

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6 Antworten zu “#RPGaday2015: Auf welches erscheinende Rollenspiel ich mich (nicht) freue.

  1. Ich hab mich nicht nur gekrümmt, sondern dreimal um die Tastatur gewickelt. Aber jeder nach seiner Facon 😉

  2. Pingback: #RPGaDay 2015: Tag 1 – Welchem Spiel fieberst du am meisten entgegen? | Greifenklaue's Blog

  3. Pack_master

    Lass dich drücken! 🙂

  4. Schnuckelputzi

    Toll.
    Ich fass‘ DSA 5 auch nur mit der Kneifzange an.
    Lang lebe die 4. Edition !!!

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